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Montag, 9. November 2009
Die Reisebibel hat immer Recht
"Keep travelling in public buses to an absolute minimum", steht im Lonely Planet, den ich aus lauter Langeweile zur Hand genommen habe, während ich darauf warte, dass der öffentliche Bus wieder anspringt, in dem ich im Begriff bin, die nächsten zwei Stunden zu verbringen. So wie es aussieht und wie es im Lonely Planet steht, könnten es auch gut mehr als zwei werden - falls der Bus jemals an seinem Ziel ankommt.
Einer der Gründe, warum der Reiseführer so deutlich von öffentlichen Bussen abrät, ist die Unfallstatistik. In Nepal ist es 30 Mal wahrscheinlicher, bei einem Verkehrsunfall zu sterben, als in einem entwickelten Land (so Lonely Planet). Und angeblich haben die Schreiber in den zehn Tagen ihrer Recherche jeden Tag einen ausgebrannten Linienbus in irgendeiner Schlucht liegen sehen. Das alles lese ich also, während ich in diesem Linienbus sitze.
Da wir uns die meiste Zeit gar nicht bewegen, bin ich aber optimistisch. Noch nicht einmal zwei Minuten, nachdem ich zugestiegen bin, stoppt der Bus das erst Mal und sowohl Busfahrer als auch Schaffner steigen aus und gönnen sich ein zweites Frühstück in einem Teehaus an der Straße.
Eine Viertelstunde später nehmen wir wieder Fahrt auf - wenn auch sehr langsam, was ich angesichts der Serpentinen begrüße. Oben angekommen, stehen wir wieder. Der Schaffner sprintet los und kommt mit ein bisschen Benzin zurück.
Dann springt der Motor weitere zehn Minuten lang nicht an. Irgendwann erbarmt er sich und tuckert glucksend weiter. Ab da halten wir ungefähr jede halbe Stunde, der Fahrer läuft einmal um den Bus und sucht nach ich-will-gar-nicht-wissen-was.
Wie lange wir im Endeffekt unterwegs waren, weiß ich gar nicht. War mir auch ziemlich egal. Manchmal lohnt es sich doch, auf die "Reisebibel" zu hören.
Einer der Gründe, warum der Reiseführer so deutlich von öffentlichen Bussen abrät, ist die Unfallstatistik. In Nepal ist es 30 Mal wahrscheinlicher, bei einem Verkehrsunfall zu sterben, als in einem entwickelten Land (so Lonely Planet). Und angeblich haben die Schreiber in den zehn Tagen ihrer Recherche jeden Tag einen ausgebrannten Linienbus in irgendeiner Schlucht liegen sehen. Das alles lese ich also, während ich in diesem Linienbus sitze.
Da wir uns die meiste Zeit gar nicht bewegen, bin ich aber optimistisch. Noch nicht einmal zwei Minuten, nachdem ich zugestiegen bin, stoppt der Bus das erst Mal und sowohl Busfahrer als auch Schaffner steigen aus und gönnen sich ein zweites Frühstück in einem Teehaus an der Straße.
Eine Viertelstunde später nehmen wir wieder Fahrt auf - wenn auch sehr langsam, was ich angesichts der Serpentinen begrüße. Oben angekommen, stehen wir wieder. Der Schaffner sprintet los und kommt mit ein bisschen Benzin zurück.
Dann springt der Motor weitere zehn Minuten lang nicht an. Irgendwann erbarmt er sich und tuckert glucksend weiter. Ab da halten wir ungefähr jede halbe Stunde, der Fahrer läuft einmal um den Bus und sucht nach ich-will-gar-nicht-wissen-was.
Wie lange wir im Endeffekt unterwegs waren, weiß ich gar nicht. War mir auch ziemlich egal. Manchmal lohnt es sich doch, auf die "Reisebibel" zu hören.
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Kaffeeklatsch bei Nepals erster Frauenministerin
Lila Koirala empfängt in ihrem Zuhause im südnepalesischen Janakpur. Sie hat nicht viel Zeit, befindet sich mitten im Wahlkampf - an ihr Altenteil will die rüstige Politikerin noch lange nicht denken, auch mit ihren rund 70 Jahren nicht.
Lila Koirala war Nepals erste Ministerin für Frauenangelegenheiten. Das war 1995-1996, als Nepal schon einmal eine quasi-demokratische Phase erlebte. Die Koiralas sind eine einflussreiche, eine privilegierte Kaste in Nepal. Die heutige Außenministerin und stellvertretende Staatschefin ist eine von ihnen.
Ich bin sehr gespannt auf das Treffen und auf Lila Koirala. In vielen anderen Gesprächen habe ich gehört, dass es zwar Frauen in der Politik gebe, sie aber im großen und ganzen Marionetten ihrer mächtigeren, männlichen Kollegen seien. Nach dem Gespräch wird nur das vertraute ich-hatte-es-mit-einem-Politiker-und-nicht-mit-einer-Person-aus-Fleisch-und-Blut-zu-tun-Gefühl bleiben.
Nachdem ich mir umfangreiche Erinnerungen an frühere, dienstliche, Europa-Reisen angehört habe ("Der Rhein ist ein wirklich sauberer Fluss!"), kommen wir schließlich zu den Bereichen ihrer Arbeit als Politikerin, die mich mehr interessieren.
"Im Vergleich mit anderen Ländern haben Frauen in Nepal wohl einen eher schweren Stand", sagt Koirala. Aber auch in europäischen Ländern sei ja nicht alles toll, ergänzt sie. Sie habe während ihrer Amtszeit vieles angeschoben, was andere Parteien später umgesetzt hätten, zum Beispiel das Eigentumsrecht für Frauen und das Recht auf Staatsbürgerschaft unabhängig von einem männlichen Familienmitglied.
"In den nächsten 20 Jahren kommt es vor allem darauf an, die Chancen der Frauen in allen Lebensbereichen zu verbessern". Die Statements von Lila Koirala klingen in meinen Ohren genauso konkret wie die anderer Politiker anderswo auf der Welt. Wie das denn funkionieren solle, möchte ich gerne wissen, angesichts einer Kultur, in der Frauen überwiegend wie Bürger zweiter Klasse wahrgenommen werden.
"Der Schlüssel ist Bildung. Durch die Bildung wächst das Bewusstsein der Frauen für ihre Rechte", erklärt Koirala - und das wolle sie mit ihrer Partei angehen. Auf die Bemerkung hin, dass dieses ehrgeizige Vorhaben einiges kosten werde, zumal die Alphabetisierungsrate bei Frauen in Nepal erschreckend niedrig ist, winkt sie ab: "Das Geld dafür bekommen wir aus dem Ausland! Deutschland, die USA, Europa - die Länder unterstützen uns seit Jahrzehnten und investieren besonders in den Bereich Bildung."
Auf dem Rückweg denke ich noch lange darüber nach, was die Jahrzehnte Entwicklungshilfe tatsächlich bewirkt haben, wenn selbst die Regierungsparteien gar nicht erst in Erwägung ziehen, aus ihrem eigenen Haushalt und aus eigener Kraft überlebensfähige Strukturen für ihre Bürger zu schaffen. Aber auf den guten Willen der Geberländer kann und wird Nepal ja wahrscheinlich auch in den kommenden Jahrzehnten noch zählen.
Lila Koirala war Nepals erste Ministerin für Frauenangelegenheiten. Das war 1995-1996, als Nepal schon einmal eine quasi-demokratische Phase erlebte. Die Koiralas sind eine einflussreiche, eine privilegierte Kaste in Nepal. Die heutige Außenministerin und stellvertretende Staatschefin ist eine von ihnen.
Ich bin sehr gespannt auf das Treffen und auf Lila Koirala. In vielen anderen Gesprächen habe ich gehört, dass es zwar Frauen in der Politik gebe, sie aber im großen und ganzen Marionetten ihrer mächtigeren, männlichen Kollegen seien. Nach dem Gespräch wird nur das vertraute ich-hatte-es-mit-einem-Politiker-und-nicht-mit-einer-Person-aus-Fleisch-und-Blut-zu-tun-Gefühl bleiben.
Nachdem ich mir umfangreiche Erinnerungen an frühere, dienstliche, Europa-Reisen angehört habe ("Der Rhein ist ein wirklich sauberer Fluss!"), kommen wir schließlich zu den Bereichen ihrer Arbeit als Politikerin, die mich mehr interessieren.
"Im Vergleich mit anderen Ländern haben Frauen in Nepal wohl einen eher schweren Stand", sagt Koirala. Aber auch in europäischen Ländern sei ja nicht alles toll, ergänzt sie. Sie habe während ihrer Amtszeit vieles angeschoben, was andere Parteien später umgesetzt hätten, zum Beispiel das Eigentumsrecht für Frauen und das Recht auf Staatsbürgerschaft unabhängig von einem männlichen Familienmitglied.
"In den nächsten 20 Jahren kommt es vor allem darauf an, die Chancen der Frauen in allen Lebensbereichen zu verbessern". Die Statements von Lila Koirala klingen in meinen Ohren genauso konkret wie die anderer Politiker anderswo auf der Welt. Wie das denn funkionieren solle, möchte ich gerne wissen, angesichts einer Kultur, in der Frauen überwiegend wie Bürger zweiter Klasse wahrgenommen werden.
"Der Schlüssel ist Bildung. Durch die Bildung wächst das Bewusstsein der Frauen für ihre Rechte", erklärt Koirala - und das wolle sie mit ihrer Partei angehen. Auf die Bemerkung hin, dass dieses ehrgeizige Vorhaben einiges kosten werde, zumal die Alphabetisierungsrate bei Frauen in Nepal erschreckend niedrig ist, winkt sie ab: "Das Geld dafür bekommen wir aus dem Ausland! Deutschland, die USA, Europa - die Länder unterstützen uns seit Jahrzehnten und investieren besonders in den Bereich Bildung."
Auf dem Rückweg denke ich noch lange darüber nach, was die Jahrzehnte Entwicklungshilfe tatsächlich bewirkt haben, wenn selbst die Regierungsparteien gar nicht erst in Erwägung ziehen, aus ihrem eigenen Haushalt und aus eigener Kraft überlebensfähige Strukturen für ihre Bürger zu schaffen. Aber auf den guten Willen der Geberländer kann und wird Nepal ja wahrscheinlich auch in den kommenden Jahrzehnten noch zählen.
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